Grundlegendes zur Lehrlingsentschädigung
Unter Lehrlingsentschädigung ist die finanzielle Abgeltung der Arbeitsleistung von Lehrlingen zu verstehen. Die Höhe richtet sich nach dem jeweiligen Lehrberuf sowie dem Lehrjahr, das der Lehrling gerade absolviert, und ist in den Kollektivverträgen geregelt.
Die Kollektivverträge enthalten Mindestbeträge. Der Lehrbetrieb kann natürlich überzahlen, muss jedoch nicht. Jetzt zur Lehrlingsentschädigung 2020 in Österreich informieren.
[toc]
In den letzten 20 Jahren verringerte sich die Anzahl der Lehrlinge drastisch. Dieser Trend konnte besonders im Hotel- und Gastgewerbe sowie im Handel verzeichnet werden. Hohe Anforderungen, lange und wechselnde Arbeitszeiten, geringes Gehalt – um nur einige der verständlichen Gründe zu nennen …
- Info: Den aktuellen Überblick zu Berufen und Höhe der jeweiligen Lehrlingsentschädigung gibt es im Überblick Mindestsätze laut Kollektiv Vertrag auf http://www.ewaros.at/lehrlingsentschaedigung/index.php – Einfach den gewünschten Beruf wählen und Gehalt/Lehrlingsgehalt einsehen.
Um die Lehrberufe dieser Branchen wieder attraktiver zu gestalten, haben einige Betriebe wieder begonnen – so wie vor mehr als 30 Jahren! – sogenannte „Zuckerl“ anzubieten. So werden z. B. für einen besonders guten Lehrabschluss der Führerschein gezahlt, für gute Noten Boni ausbezahlt, etc.
Was ist die Lehrlingsentschädigung eigentlich?
Lehrlingsentschädigungen sind im Großen und Ganzen wie Gehälter zu betrachten. D.h. der Lehrling ist somit auch kranken- und pensionsversichert. Es müssen ganz „normale“ Gehaltsabrechnungen und Lohnzettel, aus denen das Brutto- und Nettogehalt sowie alle Abzüge ersichtlich sind, ausgestellt werden.

Handelt es sich um einen Lehrberuf im Angestelltenverhältnis – z. B. Bürokaufmann – wird monatlich ausgezahlt. Fällt der Lehrberuf in den Arbeiterbereich – z. B. Maurer – wird wöchentlich ausbezahlt. Lehrlinge stehen zwar in einem besonderen Arbeitsverhältnis, leisten aber Arbeit für den Betrieb und das in Vollzeit.
Daher stehen ihnen auch die üblichen Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld zu. Auch diese sind in den Kollektivverträgen geregelt. Erhält ein Lehrling eine Überzahlung oder eine besondere Zusatzleistung wie z. B. die bereits erwähnten Boni, müssen diese im Lehrvertrag mit dem jeweiligen Lehrbetrieb extra angeführt werden (Art, Höhe, Auszahlung, Anfallsgrund).
Wann ist diese auszuzahlen?
Die Lehrlingsentschädigung ist auch während der Schulzeit und Prüfungen auszuzahlen. Die Schulzeit ist ebenfalls je nach Lehrberuf verschieden. Oft kommt es auch auf das jeweilige Bundesland an. Diese kann ebenfalls wöchentlich oder monatlich sein.
Bei Krankheit erhält der Lehrling wie jeder andere Arbeitnehmer Krankengeld, etc. Dieses ist ebenfalls im Kollektivvertrag geregelt.
Ab 1. Juli 2018 steht dem Lehrling die volle Lehrlingsentschädigung für die ersten 8 Wochen des Krankenstandes zu. Danach erhält er für weitere 4 Wochen ein Teilentgelt (Differenzbetrag zwischen der vollen Lehrlingsentschädigung und dem Krankengeld der Krankenkasse) zu.
Dies gilt für alle Lehrverhältnisse, die nach dem 30. Juni 2018 begonnen haben. Für alle anderen Lehrverhältnisse, die vorher begonnen haben, stehen dem Lehrling die Lehrlingsentschädigung in voller Höhe für die ersten vier Wochen zu und danach erhält er zwei Wochen Teilentgelt.
Dauert der krankheits- oder unfallbedingte Arbeitsausfall länger an, wird während desselben Lehrjahres für die weiteren ersten drei Tage die volle Lehrlingsentschädigung ausbezahlt, danach für weitere sechs Wochen das Teilentgelt (wie oben erklärt).
Bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheit sind für die ersten acht Wochen die volle Lehrlingsentschädigung und für weitere vier Wochen das Teilentgelt zu zahlen. Im Prinzip gelten fast alle grundlegenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen auch für Lehrlinge in Österreich. D. h. bei Arztbesuchen, Behördenwegen, besondere familiäre Ereignisse, etc. muss der Lehrling nach vorheriger Absprache mit dem Lehrbetrieb dafür „frei“ bekommen bzw. die Lehrlingsentschädigung in voller Höhe gezahlt werden.
Noch ein paar Regeln mit auf den Weg!
Lehrlinge sind in der Regel Minderjährige und dürfen keine Nachtarbeit leisten. Heute gibt es aber auch immer mehr ältere Menschen, die umsatteln müssen, weil sie keine Arbeit in ihrem erlernten Beruf oder einem ähnlichen mehr bekommen.
Der Lehrbetrieb muss den Lehrling noch 3 Monate nach Beendigung der Lehre weiterbeschäftigen, sodass dieser die Möglichkeit hat, sich einen anderen Arbeitsplatz zu suchen. Der Lehrling hat aber natürlich auch das Recht, sofort eine andere Stelle anzunehmen. Eine Lehre ist eine Arbeitsstelle, an der der junge Mensch einen Beruf erlernt. Das heißt, dass damit sowohl Rechte als auch Pflichten einhergehen.
Lehrlingsentschädigungen als Beispiele im kurzen Überblick
Lehrberuf Koch/Köchin ab 1. 5. 2018
- Im 1. Lehrjahr………………..720,00 Euro
- Im 2. Lehrjahr………………..825,00 Euro
- Im 3. Lehrjahr…………..……930,00 Euro
- Im 4. Lehrjahr……………..1.025,00 Euro
Ein 4. Lehrjahr gibt es nur, wenn eine Doppellehre absolviert wird (z. B. Koch und Kellner).
Lehrling bei der Gemeinde Wien ab 1. 1. 2018
- Im 1. Lehrjahr………………..700,00 Euro
- Im 2. Lehrjahr………………..847,00 Euro
- Im 3. Lehrjahr…………..…1.136,00 Euro
- Im 4. Lehrjahr……………..1.408,00 Euro
Ein 4. Lehrjahr gibt es nur, wenn eine Doppellehre absolviert wird.
Gemeindebedienstete erhalten eine monatliche Pauschalabgeltung für Nebengebühren, die in den hier angeführten Lehrlingsentschädigungen enthalten sind.
Lehrberuf Veranstaltungstechniker ab 1. 10. 2018 (Verordnung Bundeseinigungsamt beim BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz)
- Im 1. Lehrjahr………………..500,00 Euro
- Im 2. Lehrjahr………………..732,50 Euro
- Im 3. Lehrjahr…………..……907,10 Euro
- Im 4. Lehrjahr………………1.175,10 Euro
Ein 4. Lehrjahr gibt es nur, wenn eine Doppellehre absolviert wird.
Sowohl der Bund als auch die Länder vergeben Lehrstellen in Österreich.
Hier gelten unterschiedliche Sätze, die sich nach Lehrberuf, jeweiligem Lehrjahr sowie Bundesland richten.
Bundestheater, Lehrlingsentschädigung ab 1. 9. 2018
Dazu gehören Wiener Staatsballett, Volksoper, ART for ART Theaterservice, Burgtheater und die Staatsoper!
- Im 1. Lehrjahr………………..561,00 Euro
- Im 2. Lehrjahr………………..716,00 Euro
- Im 3. Lehrjahr…………..……849,00 Euro
- Im 4. Lehrjahr………………1.086,00 Euro
Landestheater, Lehrlingsentschädigung ab 1. 3. 2018
Darunter fallen Theater, die im Eigentum des Theatererhalterverbandes österreichischer Bundesländer und Städte gehören.
- Im 1. Lehrjahr………………..540,00 Euro
- Im 2. Lehrjahr………………..691,00 Euro
- Im 3. Lehrjahr…………..……852,00 Euro
- Im 4. Lehrjahr………………1.099,00 Euro
Darunter fallen alle Betriebe, die zum Wiener Bühnenverein gehören wie Akademietheater, Theater in der Josefstadt, Kammerspiele, Theater der Jugend (Theater im Zentrum, Renaissancetheater), Volkstheater, Vereinigte Bühnen Wien (Ronacher, Raimundtheater, Theater an der Wien).
Lehrlingsentschädigung 2020 – Was ändert sich?
Die Höhe der Lehrlingsentschädigung ändert sich häufig.
Diese ist unter http://www.gehaltsrechner.gv.at/lehrlinge, http://www.gehaltskompass.at/berufsliste sowie http://www.ewaros.at/lehrlingsentschaedigung/index.php einsehbar.
Mittlerweile ist es möglich, neben der Lehre auch die Matura abzulegen. Die korrekte Berufsbezeichnung wäre dann Berufsreifeprüfung. Der Vorteil dabei ist, dass der Lehrling dadurch später auch studieren kann. Das Thema „Lehre mit Matura“ ist in Österreich beliebt.
Darüber hinaus gibt es auch viele Maturanten, die keinen Studienplatz bekamen oder keine Stelle finden konnten und deswegen nachträglich eine Lehre absolvieren.
Hier gelten Sonderregelungen (Anrechnung von Zeiten, Inhalten, etc.). Diese sind bei der Arbeiterkammer, beim AMS und bei WKÖ zu erfragen. Dies betrifft auch die Höhe der Lehrlingsentschädigungen und Sonderzahlungen.
Nicht für alle Branchen gibt es einen eigenen Kollektivvertrag. So fallen z. B. Optiker in den Kollektivvertrag des Metall- und Elektrogewerbes.
Hier eine Listung der gängigsten Berufe mit Gehaltsbandbreiten in Euro:
- Bankkaufmann/-frau: 1370 – 1510
- AugenoptikerIn: 1890 – 2100
- Entsorgungs- und Recyclingfachmann/-frau: 1670 – 1860
- DrogeristIn: 1510 – 1670
- BinnenschifferIn: 1810 – 2010
- IsoliermonteurIn: 2080 – 2310
- Medienfachmann/-frau: 2120 – 2350
- Gastronomiefachmann/-frau: 1340 – 1500
Das Wichtigste – kurz und bündig!
Einen Lehrberuf alleine nur aufgrund der jeweiligen Höhe der Lehrlingsentschädigung bzw. des späteren Gehalts zu wählen, ist nicht ratsam.
Ob jemand in einem Beruf erfolgreich ist, hängt auch von den jeweiligen Fähigkeiten, der persönlichen Einstellung zur Arbeit und dem Lehrherrn gegenüber, der Örtlichkeit des Betriebes, dem Betriebsklima, etc. ab.
Die Anforderungen sind hoch, sowohl körperlich als auch geistig. Verantwortungsbewusste, pünktliche, teamfähige, arbeitswillige Menschen; die ordentlich zupacken können, werden immer gerne gesehen.
Für Probleme während der Lehrzeit, egal welcher Art gilt als erste Anlaufstelle die Arbeiterkammer am Wohn- oder Arbeitsort. Die wichtigsten Informationen können unter https://www.arbeiterkammer.at/beratung/arbeitundrecht/Lehre/Lehrlingsentschaedigung.html
eingesehen werden. Lehrstellen können bei gröberen Problemen auch gewechselt werden.
Dies ist zwar nicht ganz einfach, aber mit einigem Engagement durchaus machbar. Lehrstellen sind generell nicht leicht zu finden. Je mehr Informationen zur Verfügung stehen und eingeholt werden, desto eher lässt sich die richtige Lehrstelle finden.
Zunächst sollte sich jeder „Suchende“ über seine/ihre eigenen Schwächen und Stärken im Klaren sein. Die eigenen Fähigkeiten weder über- noch unterschätzen. Gezielt suchen! Es nützt nichts, wenn die Lehrstelle ums Eck ist, aber überhaupt nicht zum Lehrling und seinen Fähigkeiten passt. Die Lehrlingsentschädigung ist so etwas wie das spätere Gehalt. Daher muss damit auch verantwortungsvoll umgegangen werden. Später muss damit Miete, Essen, Kleidung, etc. bezahlt werden. Planung ist ein guter Weg dahin.
Lehrstelle – Wunsch und Realität?
Wunsch und Realität müssen ja nicht unbedingt auseinanderklaffen. Kompromisslösungen können unter Umständen sogar ziemlich erfolgreich werden. Lohnt sich ein Lehrabschluss, obwohl die Stelle aus diversen Gründen nur eine „Notlösung“ war? Ja, ein Abschluss ist ein Abschluss!
Danach kann auch gerne umgesattelt werden. Oft wird sogar einiges auf die neue Lehrstelle angerechnet und verkürzt so die neue Lehrzeit. Außerdem bestehen mit zwei Lehrabschlüssen später auch mehr Chancen auf eine Anstellung.
Welche Chancen bietet der Lehrabschluss?
Die Realität ist harte Arbeit, hat aber auch schöne Seiten wie z. B. Boni oder der gezahlte Führerschein oder einfach nur zufriedene Kunden. Manchmal wollen Kunden nur von einem bestimmten Mitarbeiter bedient werden.
Nicht alle Lehrlinge verlassen nach dem Abschluss das Unternehmen. Lehrlinge mit einem guten Abschluss und gutem Verhalten den Kunden und Mitarbeitern gegenüber erhalten manchmal auch eine höhere, besser bezahlte Stelle als üblich.
Manche finden an anderer Stelle im Unternehmen einen neuen Tätigkeitsbereich. Menschen mit Lehrabschluss werden fast überall auf der Welt gesucht. Gerade Handwerksberufe, Technik, medizinische Berufe, etc. sind sehr gefragt, z. B. Australien und Neuseeland, etc. Aber auch Dienste auf Schiffen (auch Kreuzfahrtschiffe) sind eine Option, die überlegt sein will. Baustellen im Ausland sind gerade für technische Berufe eine gute Gelegenheit, das Erlernte auch anzuwenden, neue Eindrücke zu sammeln, Sprachen zu lernen und gutes Geld zu verdienen. Diese Posten sind meist sehr, sehr gut bezahlt.