Die Finanzaffäre rund um die Hypo Alpe Adria schlägt immer höhere Wellen, eine Beruhigung ist nicht in Aussicht. Vor allem Laien, die mit dem Bankenwesen bis auf ihr Sparbuch nichts zu tun haben, tun sich dabei oft schwer, den Vorgängen und Urteilen folgen zu können.
Was ist da genau passiert? Wie kann eine Bank pleitegehen? Und wie geht es weiter?
Fragen, die gar nicht so leicht zu beantworten sind. Viele Faktoren haben zu dem Debakel beigetragen, jetzt stehen die Verantwortlichen vor Gericht und jene, die es wieder richten sollen, vor einer riesigen Baustelle.
Wie konnte das mit der Hypo Bank passieren?
[toc exclude=“Wie konn*“]In der Hypo Alpe Adria ist nicht nur eine Sache schief gelaufen. Genau genommen haben viele einzelne Missetaten das Fass derart zum Überlaufen gebracht, dass vom größten Wirtschaftsskandal der Zweiten Republik die Rede ist.
Wahrscheinlich sind noch lange nicht alle kriminellen Machenschaften, als die man die Handlungen der Entscheidungsträger durchaus bezeichnen kann, aufgedeckt.
Die größten Skandale sind folgende:
- Als die Hypo Group Alpe Adria zu 50 % plus einer Aktie an die BayernLB verkauft wurde, hatte sich kurz zuvor auch eine Investorengruppe in die Hypo eingekauft. Nur wenige Zeit später konnte diese durch den Einstieg der BayernLB und den damit zusammenhängenden Wertgewinn überaus gewinnbringend weiterverkaufen, und zwar schon kurz nach Abschluss des Geschäfts.
Tilo Berlin und seiner Investorengruppe von 46 Personen wird vorgeworfen, dass sie vorab über die zukünftige Übernahme durch die BayernLB informiert worden seien und somit ein Insider-Geschäft abgewickelt wurde. Gegen die beteiligten Personen wird rechtlich ermittelt.
- Durch höchst riskante Spekulationen verlor die Hypo im Zuge der Finanzkrise 2007 mehrere Hundertmillionen Euro.
- Damit die Verluste aus den Spekulationen verschleiert werden konnten, wurde die Bilanz gefälscht.
- Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider mischte ordentlich bei den Geschäften der Hypo Kärnten mit. Sie sollte eine Art Prestigeobjekt werden und Kärnten reich machen. Doch es war viel heiße Luft und nichts dahinter. Haider trieb z. B. die Vergabe eines Kredits von zwei Millionen Euro an die lokale Fluglinie Styria voran, die – ohnehin schon mehr als marode – wenige Zeit später pleiteging. Der Hypo Kärnten wird versteckte Parteifinanzierung vorgeworfen.
Als wären diese Freundschaftsdienste und Spekulationen nicht schon genug, haben noch viele weitere kleinere kriminelle Aktionen das Fass Hypo Alpe Adria zum Überlaufen gebracht. Den an der Pleite der Bank beteiligten Personen wird Untreue, Bilanzfälschung, Amtsmissbrauch, Geldwäsche, Vernachlässigung der Sorgfaltsplicht uvm. vorgeworfen. Die Liste der Tatbestände ist lang, ebenso wie die Liste der Täter.
Die Pleite der Hypo – ein Schlachtfeld mit klaren Grenzen, oder?
Leider betrifft den Hypo Skandal nicht nur die Hypo Kärnten, von der alles ausgegangen ist. Z. B. konnten auch in der Hypo Niederösterreich kriminelle Machenschaften bzw. höchst riskante Spekulationen der Bank mit den Wohnbaudarlehen der niederösterreichischen Kunden nachgewiesen werden.
Auch wenn eine der Hypo Landesbanken nicht an den Geschäften der Hypo Kärnten beteiligt war, blutet sie jetzt mit. Das liegt daran, dass alle Hypo Landesbanken über einen Haftungsverbund aneinander gebunden sind. Wenn eine Hypo Bank Konkurs anmeldet, müssen alle anderen gemeinsam mit bis zu einer Milliarde Euro haften.
Die Pleite der Hypo Kärnten hat allerdings nicht nur Auswirkungen auf die anderen Hypo Landesbanken, sondern auch auf die Raiffeisen Gruppe, da diese an vielen Hypo Banken beteiligt ist.
Außerdem hat der Skandal auch Folgen für das Bankenwesen im Allgemeinen, da die Kunden das Vertrauen in ihre Banken – egal ob skandalfrei oder in den Schlagzeilen – verlieren und mit Geldanlagen vorsichtiger sind. Der Schaden hat weite Kreise gezogen, der Imageverlust ist eklatant, und zwar nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene.
Wie geht es weiter mit der Hypo Alpe Adria?
Eine Frage, die schwer zu beantworten ist. 2009 wurde die Reißleine gezogen und die Hypo Bank zwangsverstaatlicht. Die BayernLB wollte das Kreditinstitut ohnehin loswerden, da kam Österreich als Käufer gerade recht. Der symbolische Beitrag von vier Euro wurde gerne gezahlt. Dadurch, dass der Verkauf bereits geplant war, hatten die Bayern wesentlich bessere Karten: Sie wussten detailliert über die Verhältnisse der maroden Bank Bescheid und saßen bei den Verhandlungen am längeren Hebel.
Entsprechend schlecht ist das Ergebnis für die Republik Österreich ausgefallen. Was als letzte Rettung galt, stellte sich als Millionengrab heraus. Jetzt ist Österreich allein für die Sanierung der Bank zuständig, bzw. genau genommen der Steuerzahler, dessen Geld dafür verwendet wird.
2014 wurden die nicht mehr zu rettenden Teile der Hypo Bank in einer Bad Bank gebündelt. Diese Abwicklungsbank wird vom Rest der Hypo, sozusagen der „Good Bank“ abgekapselt. Die Kunden sollen in die gute Bank neues Vertrauen schöpfen und wieder investieren.
Was ist eine Bad Bank?
Die Bad Bank (dt. „schlechte Bank“) kann als eine Art Mülldeponie verstanden werden. Sie wird gegründet, damit eine Bank ihre Geschäftserlaubnis erhalten darf und eine Insolvenz abgewendet werden kann. In der Bad Bank wird die Abwicklung nicht einlösbarer Kreditforderungen, fauler Kredite, Bankrottbeteiligungen und toxischer Wertpapiere vorgenommen, deshalb wird sie auch als Abwicklungsbank oder Auffangbank bezeichnet. Toxische Wertpapiere sind Papiere, die an Wert verloren haben, weil die Kredite, die in ihnen gebündelt waren, ausgefallen sind bzw. auszufallen drohen.
Eine Bad Bank bzw. im konkreten Fall die Hypo Bad Bank soll nur eine Zwischenlösung darstellen. Indem sie die risikobehafteten Wertpapiere und Kreditforderungen übernimmt, wird die Liquidität der Hypo Alpe Adria nicht gefährdet. Die Hypo International kann die Papiere verkaufen oder als Verlust abschreiben.
Die Hypo Alpe Adria kann dadurch ihre Wirtschaft wieder ankurbeln, da potentielle Investoren nicht mehr von vorneherein abgeneigt sind und die Kreditvergabe wieder in Anspruch genommen wird. Die „gute Bank“ wird liquide, der Markt erholt sich, es fließt wieder Geld.
Dabei gilt es aber zu beachten, dass die Haftung für die Hypo International die Republik Österreich mittels Einlagensicherungsfonds übernommen hat. Letzten Endes bürgt also der Steuerzahler für die Geschäfte der Bad Bank. Bei Altlasten in Höhe von wahrscheinlich mehr als 12 Milliarden Euro – die gesamte Tragweite konnte noch nicht genau beziffert werden – kommt da ein ganzes Stück Arbeit auf die Österreicher und Österreicherinnen zu.
Wie geht es weiter?
Anfang 2010 wurde mit Johannes Ditz und Rudolf Scholten ein neuer Vorsitz der Hypo gewählt, Gottwald Kranebitter wurde Vorstandschef. Schnell hat das Chaos in der Hypo sie aber wieder vertrieben. Nach diversen Positionswechseln wurde Anfang 2014 der Osteuropa-Experte Alexander Picker zum Vorstand der Hypo Alpe Adria gewählt. Im März 2014 wurde bekannt, dass der deutsche Bank-Fachmann Herbert Walter neuer Aufsichtsrat wird. Bleibt zu hoffen, dass die neuen Kandidaten an der Spitze stärkere Nerven als ihre Vorgänger beweisen.
Die Hypo Bank wird noch im Jahr 2014 ihre Banklizenz verlieren, damit mit dem Abbau, d.h. der Abkapselung der Bad Bank, begonnen werden kann. Die Bad Bank wird dann Teil der ÖIAG, der Österreichischen Industrieholding AG. Bis September 2014 soll diese Übersiedelung abgeschlossen sein. Bis dahin wird die Republik Österreich bzw. der österreichische Steuerzahler aber noch mindestens 5 Milliarden Euro an Staatsgeldern beisteuern müssen. Ein neues Sparpaket ist zu erwarten.
Auch für die an der Misere verantwortlichen Personen heißt es warten, und zwar in den meisten Fällen auf eine Verurteilung mit Haftstrafen. Erste saftige Urteile wurden bereits gefällt, über 100 Anzeigen werden noch verfolgt. Fest steht, dass uns der Krimi rund um die mafiösen Geschäfte der Hypo Alpe Adria noch lange in seinen Bann ziehen wird. Wer weiß, welche Leichen noch im Keller der Hypo versteckt sind?